Hybrid-Turnier an 3 Standorten | Berlin-München-Pattonville

Doppelt erfolgreicher hybrider Blitzdreikampf

Erfolgreich bedeutet zunächst, dass technisch alles funktioniert hat.

Doppelt erfolgreich, weil dann auch noch die ersten beiden Plätze in Pattonville blieben. Und Dreikampf, weil die zehn Turnierteilnehmer an drei Standorten spielten. Aber der Reihe nach:

Ein entspanntes Lächeln bei Sala, weil alles funktioniert

Zunächst eine Begriffsklärung: Hybrid bedeutet etwas Gebündeltes, Gekreuztes oder Vermischtes.
Das klassische Schach am Brett kennt jeder. Auch Fern- und Online-Schach dürfte den meisten bekannt sein. Aber wie kombiniert man diese Varianten?
Der Spieler sitzt am Brett und führt seinen Zug aus. Der Monitor zeigt das zusätzlich an, ohne dass dort eine Eingabe erfolgt. Wie im Fernschach reisen nur die Züge. Sobald die Antwort eintrifft, wird sie sowohl am Computer, als auch am Brett angezeigt. Da alles am Brett erledigt werden kann, ist es fast wie eine normale Blitzpartie. Dabei gibt es zwei Unterschiede: die Zeit wird automatisch erfasst, so dass keine Uhr gedrückt werden muss. Da auch die Züge des Gegners ausgeführt werden müssen, erhält jeder Spieler eine Zeitgutschrift von 5 Sekunden je Zug.

Im Einzelnen wurde hier folgendes kombiniert:

1.) Über die Plattform Tornelo, die besonders bei Schiedsrichtern beliebt ist, wurde das Turnier durchgeführt. Deshalb kann man dort sowohl die Ergebnisse ansehen, als auch alle Partien nachspielen oder herunterladen.
2.) Dazu waren alle Spieler über einen Laptop mit dem Schiedsrichter in einer handelsüblichen Videokonferenz verbunden – hier war es Zoom. Gleichzeitig wurden alle drei Spielorte mit zusätzlichen Kameras ausgestattet, die den Raum überwachen, um Betrugsversuche von vorne herein auszuschließen. Diese Raumkameras waren ebenfalls Teilnehmer der Konferenz und konnten so von allen eingesehen werden.
3.) Als Spielmaterial dienten die Millennium Supreme Tournament 55 e-Boards. Diese wurden seriell mit einem Laptop verbunden. D.h. die Laptops übertrugen die Züge via Internet an alle Standorte. Als Nebeneffekt wurden alle Züge samt Zeitverbrauch erfasst, so dass auch diese Daten zur Verfügung stehen. Neu war, dass der Laptop lediglich als Schachuhr und für die Zugübermittlung verwendet wurde. Denn als Besonderheit sind diese Bretter mit LEDs ausgestattet, so dass der Zug des Gegners direkt auf dem Brett – und zusätzlich auch auf dem Laptop – angezeigt wird.

Die Geisterhand: sowohl am Bildschirm wie an den blinkenden LEDs auf dem Brett sieht man, dass c5xd4 gezogen wurde und Weiß jetzt den schwarzen Zug ausführt

Julian Maisch (hinten) hat Weiß gegen Markus Schneider (vorne) - bei jeder gegen jeden, spielt man auch gegen die Spieler im gleichen Raum

Zumindest zeitweise waren in der Konferenz mehr oder weniger prominente Zuschauer wie der BSB-Präsident Peter Eberl, der Vorsitzende des Online Schachclub der Bremerhavener Schachgesellschaft Peter Frei, der Journalist Conrad Schormann sowie mit Bernhard Riess und Thomas Wiedmann auch Schiedsrichter zu sehen.

Als Turnierräume kann man in der oberen Reihe die ersten beiden Räume sehen, der dritte folgt in der mittleren Reihe ganz links

Feedback

1.) Da beim Blitzen in der Regel nach jeder Runde für die Spieler ein Farbwechsel statt findet, war es zweckmäßig auf beiden Seiten des Tisches Stühle zu platzieren. D.h. es ist deutlich einfacher den Sitzplatz zu wechseln, als das verkabelte Brett zu drehen. Danach genügte es, den Laptop so auszurichten, dass die Uhr wieder gut ablesbar war.
2.) Ideal wäre eine ins Verbindungsmodul integrierte Anzeige der Bedenkzeit.
3.) In der Zeitnotphase wurde von einzelnen Spielern das nicht mehr notwendige Drücken einer Schachuhr als „ungewohnt“ bemängelt.

Link zum Turnier

Bei 10 Spielern sind das 9 Runden á 5 Minuten zuzüglich 5 Sekunden Inkrement. Das Turnier dauerte ungefähr drei Stunden. Alle 45 Partien konnten gespielt und aufgezeichnet werden. In den pgn-Dateien sieht man, dass der Schiedsrichter, in diesem Fall also Bernhard Riess, die Uhren startete. Deshalb steht als Spielort überall „Berlin“. Nicht verwunderlich war, dass ELO-Favorit Julian Maisch siegte – aber das mit 9 aus 9 Punkten. Die größere Überraschung war der zweite Platz, der mit 6,5 Punkten an Stanko Cirovic von den SF Pattonville ging. Ohne eine Wertungszahl zu haben, landete er vor Spielern, die zwischen 1650 und 1950 aufwiesen.

02.11.2021, Karlheinz Vogel
Presse-Referent Schachverband Württemberg e.V.